Hans-Peter Müller, Steffen Sigmund, Hans-Peter Müller, and Steffen Sigmund
Abstract
Zum 150. Geburtstag des Begründers der modernen Soziologie. Max Webers Denken reicht über die Grenzen der Disziplinen hinaus. Mit den Schriften zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte von Antike und Mittelalter, zur Sozial-, Politik- und Wirtschaftsverfassung Deutschlands und Europas sowie zur Wissenschaftslehre und Religionssoziologie erfasst das Handbuch alle wichtigen Werke. Die Diskussion Weber heute zeigt sein Werk im Spiegel der Themen des 21. Jahrhunderts: Nationalstaat, Bürgerlichkeit, Säkularisierung, Arbeit und Beruf.
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit der amtlichen Bevölkerungsstatistik mit den Machthabern des Dritten Reiches besonders hinsichtlich der Volkszählungen 1933 und 1939? Wie unterschieden sich diese Zählungen untereinander sowie von dem 1925er Zensus? Diese Fragen bilden den Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchung. Anhand einer gründlichen Quellenrecherche in deutschen Archiven wird auch der immer wiederkehrenden Behauptung nachgegangen, aus den Daten der mit der Volkszählung 1939 verbundenen Sonderaufnahme der Juden sei eine reichsweite Judenkartei angelegt worden, die als Grundlage für die Deportationen ab 1940/41 gedient habe. Auch wenn sich diese Behauptung als falsch erwiesen hat und sich eine derartige Verstrickung der amtlichen Bevölkerungsstatistik in den Holocaust nicht nachweisen läßt, so zeigt die Untersuchung doch, daß sich, wie andere Institutionen auch, das Statistische Reichsamt und die statistischen Ämter den Anforderungen der nationalsozialistischen Machthaber nicht entziehen konnten und zum Teil selbst den Anpassungsprozeß vorantrieben. Der Konflikt zwischen dem Bestreben, das Statistikgeheimnis zu wahren und der amtlichen Statistik weiterhin ein breites, für korrekte Ergebnisse unablässiges Vertrauen in der Bevölkerung zu erhalten, und den Anforderungen, die ein totalitärer Staat an eine seiner Institutionen stellt, wurde besonders unter den Bedingungen des Zweiten Weltkrieges immer öfter zu Gunsten der letzteren entschieden. So entstanden auf Wunsch des Reichsinnenministeriums und der SS aus den individuellen Daten der Volkszählung von 1939 Karteien, die u. a. der Germanisierungspolitik in den Grenzgebieten des Deutschen Reiches (einschließlich des Sudetengebiets und Österreichs) dienen sollten.
Gegenstand der Arbeit sind die Darstellung und Analyse der Wohnungspolitik und der Debatten um die Wohnungsfrage im und nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland und Großbritannien. Der Autor geht der Frage nach, ob und in welchem Umfang der Diskurs um die Wohnungsfrage und die Wohnungspolitik in beiden Gesellschaften für die Kriegsmotivation instrumentalisiert wurde und das Wohnen nach dem Krieg (Wohnungspolitik und Wohnungsbau) vorbereitete. Für Deutschland spielt die'Kriegerheimstättenbewegung'der Bodenreformer eine zentrale Rolle und auch die Frage, wie Politik, Militär und Öffentlichkeit diese reflektierten. Gezeigt wird, wie der Reformdruck von außerhalb staatlicher Macht und die sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen auf die Politik in Gemeinden, Bundes- und Zentralstaat zurückwirkten. In Großbritannien stehen die Reformer innerhalb der Regierung, die Wohnungspolitik als ein zentrales Aufgabenfeld begriffen, im Zentrum des Interesses. Gegebene politische Versprechen gipfelten in zentralstaatlichen Programmen zur Schaffung von'homes for heroes to live in'. Abschließend werden für beide Gesellschaften der Aufschwung des sozialen Wohnungsbaus in den 1920er Jahren, das Engagement des Staates und der Gemeinden sowie staatliche Programme im Kontext der Wohnungsfrage (ländliche Ansiedlung, Auswanderung) diskutiert. Thomas Koinzer kommt zu dem Ergebnis, daß die Debatten um das Wohnen nach dem Krieg zwischen 1914 und 1918 wichtige Grundlagen für die Wohnungspolitik und den Wohnungsbau der Nachkriegszeit legten. In beiden Gesellschaften institutionalisierten sich Staat und Gemeinden als starke Akteure im Wohnungswesen. Die kriegsmotivierende Wirkung von'Kriegerheimstätten'in Deutschland und den'homes for heroes'in Großbritannien blieb hingegen begrenzt. Sie scheiterten an den politischen und ökonomischen Bedingungen der Nachkriegszeit.
Die Rekonstruktionsthese von Werner Abelshauser, mit der seit fast 20 Jahren das deutsche »Wirtschaftswunder« erklärt wird, liefert keine umfassende Erklärung für den Wiederaufstieg Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, denn die Sicht auf die Nachkriegszeit darf eine kritische Auseinandersetzung mit der Unternehmensbesteuerung in der frühen Bundesrepublik und den daraus entstehenden Verteilungskonflikten nicht unbeachtet lassen. Erstmals untersucht eine geschichtswissenschaftliche Arbeit am Beispiel der Automobilindustrie die Voraussetzungen und Folgen solider Finanzierung nach der Währungsreform. Die Verbindung akteurzentrierter Konzepte mit modernen betriebs- und geschichtswissenschaftlichen Methoden zu einem interdisziplinären Forschungsansatz macht die spannungsvolle Wechselwirkung zwischen der Besteuerung deutscher Automobilhersteller und gesellschaftspolitischen Interessen erkennbar und öffnet neue Perspektiven auf bislang kaum beachtete Aspekte des »Wirtschafswunders«.
Hagelschläge sind im Agrarbereich bis heute ein gravierendes Risiko, wogegen sich zur Absicherung der ökonomischen Folgen um 1800 mit der Hagelversicherung eine neuartige Versicherungssparte herausgebildet hat. Der Autor zeigt, dass diese Innovationen in die Modernisierungsprozesse der Frühen Neuzeit eingebunden war. Er analysiert die Branchenentwicklung mit Hilfe eines versicherungshistorischen Entwicklungsmodells. Dabei wird deutlich, dass die Hagelversicherung ein weiterer Knoten des institutionellen Netzwerkes war, welches das 19. Jahrhundert prägte. Die Studie bietet ein fundiertes Beispiel für die Entstehung einer innovativen Absicherungsstrategie gegenüber Naturgefahren. Sie analysiert darüber hinaus eine wichtige Institution des Agrarbereichs und schließt dadurch Lücken innerhalb der umwelt- und versicherungshistorischen Forschung.
National socialism, Whaling--Economic aspects--Germany, Saltwater fishing--Economic aspects--Germany, and Autarchy
Abstract
Ole Sparenberg untersucht aus wirtschafts- und umwelthistorischer Perspektive wie Hochseefischerei und Walfang helfen sollten, ohne Devisenaufwand die Fett- und Eiweißlücke in der deutschen Autarkiewirtschaft zu schließen. Trotz der schon spürbaren Übernutzung vieler Fisch- und Walbestände war eine deutliche Fangmengensteigerung in den 1930er Jahren noch möglich, und die Schwierigkeiten lagen vielmehr beim Absatz. Zwar konnte das Regime, ohne Rücksicht auf die Stimmung in der Bevölkerung nehmen zu müssen, Versorgungsmängel eingestehen und eine Umstellung von Fleisch auf im Binnenland ungewohnte und oft mangelhafte Fischerzeugnisse fordern, aber ein ungenügendes Einzelhandelsnetz, unzureichende Konservierungstechniken und vor allem die fehlende Verbraucherakzeptanz setzten auch unter den Bedingungen des NS-Staates dem Anstieg des Fischverbrauchs enge Grenzen. Während andere Erscheinungen der deutschen Autarkiewirtschaft auch Blockadesicherheit versprachen, waren Hochseefischerei und Walfang auf einen freien Zugang zum Meer angewiesen und konnten daher keinen Beitrag zur Kriegswirtschaft leisten.
Globalization--Economic aspects--Sweden--History--20th century
Abstract
Lange galt das »Modell Schweden« als Musterbeispiel einer Marktwirtschaft, die erfolgreich die beiden Prinzipien Effizienz und Gleichheit in sich versöhnen konnte. Spätestens 1990 stand dieses Kapitalismusmodell angesichts unübersehbarer Krisensymptome zur Disposition. Trotz der beeindruckenden konjunkturellen Erholung stellte sich die Frage, inwiefern ähnlich wie in anderen Volkswirtschaften ein Pfadwechsel in Richtung einer angelsächsischen liberal market economy erfolgte. Auf der Basis von drei Unternehmensfallstudien untersucht Gunnar Flume die institutionellen Wandlungsprozesse in Schweden zwischen 1980 und 2000. Diese zeigen, dass Anpassungsleistungen grundsätzlich im Zusammenhang firmenspezifischer Innovations- und Wachstumspfade interpretiert werden müssen. Das Resultat einer ausgeweiteten institutionellen Vielfalt auf Unternehmensebene plausibilisiert, warum sich das Modell Schweden am Ende des 20. Jahrhunderts als »institutioneller Hybrid« präsentiert, das sowohl Elemente liberaler als auch korporativer Marktwirtschaften in sich vereint.
Lil-Christine Schlegel-Voß and Lil-Christine Schlegel-Voß
Abstract
Lil-Christine Schlegel-Voß untersucht schwerpunktmäßig die ökonomische Situation der älteren Generation, die in erster Linie durch die drei Säulen der Altersvorsorge - öffentliche Rentenversicherung, betriebliche Alterssicherung und Lebensversicherung - bestimmt wurde. Besondere Berücksichtigung findet ferner der gesellschaftliche Status älterer Menschen, der sich aus dem Konzept der'Volksgemeinschaft'ableitete und von entscheidender Bedeutung für den Umgang des NS-Regimes mit der älteren Generation war. Alter im Nationalsozialismus - das bedeutete nach Inflation und Weltwirtschaftskrise für die Mehrzahl der älteren Menschen eine Phase finanzieller Bedrängnis und verstärkter Abhängigkeit von öffentlichen Transferleistungen. Es bedeutete aber auch eine veränderte Bewertung des Alters durch die nationalsozialistische Ideologie der'Volksgemeinschaft'sowie neue Programme, die die Verwaltung des Alters rationalisieren und die Steuerung der Masse der älteren Menschen verbessern sollten. Alter im'Dritten Reich'bedeutete schließlich eine gesellschaftliche Randstellung, in die vor allem hilfsbedürftige ältere Menschen durch die nationalsozialistische Verfolgungspolitik gegenüber geisteskranken, behinderten oder allgemein'unproduktiven'Menschen gerieten.
Chemical industry--Germany--History--20th century--Congresses and Technology transfer--Germany--History--20th century--Congresses
Abstract
Namhafte internationale Experten der Wirtschafts-, Wissenschafts- und Technikgeschichte thematisieren im vorliegenden Band den Transfer deutscher chemischer Technologie in europäische Länder, nach Japan und in die USA. Im Mittelpunkt stehen vor allem die politisch und ökonomisch turbulenten Jahre 1925 - 60, bis zu deren Ende die anfängliche technologische Marktführerschaft auf vielen Feldern verloren ging, ohne jedoch die deutsche Chemieindustrie aus ihrer starken Position auf dem Weltmarkt zu verdrängen. Zunächst werden dieser Übergang und seine Herausforderungen aus der Sicht deutscher Labore, Führungsetagen und Kanzleien analysiert. Die internationalen Beispiele des zweiten Teils erlauben den Vergleich der Mittel und Wege, auf denen es verschiedenen Konkurrenten gelang, deutsches Know-how und deutsche Technik zur Fortentwicklung der chemischen Industrie des eigenen Landes zu nutzen. Der Vergleich unterstreicht den historischen Beitrag deutscher Technologie, zeigt aber auch, daß die verstärkte Investition der Aufnahmeländer und -firmen in die eigene Forschung für die Nutzung und selbständige Weiterentwicklung importierter Technologie unabdingbar war.
Income--Germany--History and Intergenerational relations--Germany--History
Abstract
Die Generation hat alle Aussichten, im 21. Jahrhundert die zentrale Kategorie der Verteilung von Einkommen, Vermögen und Status zu werden, nachdem im 19. Jahrhundert die Klasse und im späten 20. Jahrhundert das Geschlecht die Verteilungsdebatten beherrschten. Die Auseinandersetzung um die Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Generationen begann mit besorgten Fragen nach der Zukunft der Alterssicherung. Sie hat sich inzwischen aber auf alle Lebensalter ausgeweitet. Die intergenerative Verteilung wird als Generationenvertrag bezeichnet. Das Ziel des Generationenvertrages ist die Stabilisierung des Lebenseinkommens. Die mittlere Generation sorgt mit ihrer Erwerbs- und Familientätigkeit für die Jugend, die noch nicht für sich selbst sorgen kann, und für die ältere Generation, die der Unterstützung bedarf. Der Verfasser zeigt drei historische Modelle des Generationenvertrages, den traditionellen, den bürgerlichen und den modernen Generationenvertrag.
Friederike Sattler, Christoph Boyer, Friederike Sattler, and Christoph Boyer
Subjects
Capitalists and financiers--Europe--History--20th century--Congresses and Elite (Social sciences)--Europe--Congresses
Abstract
Since the beginning of the 1970s, democratic capitalist Western Europe as well as state-socialist Eastern Europe faced the double challenge of the third industrial revolution and the second globalization. The accelerated political, social, economic and cultural change did not lead to a crisis'of capitalism'or'of communism', instead challenging European industrial society as such. In 1989, after a long erosion process, state socialism failed at the task of solving the manifold problems of adjustment; yet a lasting solution is also not conceivable within the context of a neo-liberal'new spirit of capitalism'. The present volume, which arose from the interdisciplinary cooperation of historians and social scientists, discusses the consequences of this'great transformation'for the economic elites in both'West'and'East': for their qualification profiles and their social composition, their options and their room for maneuver, their value systems and legitimization strategies, their self-perception and their public image. Economic elites in both systems saw themselves forced to adopt new strategies which very often seem quite different at the surface; looking deeper, they exhibit clear similarities. After 1989, the consolidation of the post-socialist economic elites has, all in all, been completed according to the Western example. The emerging convergences, which are being supported by the process of European integration, contributed to the internationalization of the European economic elites. The volume discusses the problem how strong this tendency was and if it has already created truly transnational economic elites more or less separated from the national context. The contributions, which are embedded into a coherent interpretative framework, are penned by internationally renowned experts and junior researchers from a wide array of countries, from Britain to Poland and from Norway to Portugal. The innovative value of the volume lies in its Europe-wide scope and, above all, in its comparative East-West perspective. A genuinely European community of researchers tackles a topic which is indisputably current for history as well as for the social sciences.
Der Erfolg aller Industrienationen im 19. Jahrhundert war mit dem Erfolg regional konzentrierter Branchen verbunden. Diese Clusterung von Wirtschaftsaktivitäten wurde von den zeitgenössischen Ökonomen registriert und interpretiert. Während die Darstellung systemischer Zusammenhänge von Unternehmen und Institutionen auf volkswirtschaftlicher Ebene, wie sie z. B. von Friedrich List vorgenommen wurde, ein bekannter Topos der heutigen dogmengeschichtlichen Literatur ist, wurde dieser Ansatz auf der regionalen Ebene noch nicht untersucht. Christoph Scheuplein verfolgt die Beschreibung und Konzeptualisierung von lokalisierten Branchen im britischen und im deutschen Kontext innerhalb des Zeitraums von 1815 bis 1890. Die räumliche Konzentration der Produktion konnte vor allem dort theoretisch formuliert werden, wo man auf die räumliche Ungleichmäßigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung achtete bzw. wo man von steigenden Erträgen als dem üblichen Ertragsverlauf der industriellen Produktion ausging. Scheuplein behandelt die klassische Politische Ökonomie, die Deutsche Historische Schule, Karl Marx, die sozial-evolutionäre Theorie sowie die neoklassische Theorie. Das von Alfred Marshall popularisierte Konzept des'Industriellen Distrikts'beruhte auf einer detaillierten Rezeption dieser ideengeschichtlichen Linien. Im letzten Viertel des Jahrhunderts wurde diese raumstrukturelle Perspektive in einer Reihe von empirischen Studien angewandt. Im Unterschied zu der weit verbreiteten Annahme, die Wirtschaftswissenschaft des 19. Jahrhunderts habe die Raumdimension weitgehend ausgeblendet, weist der Autor nach, daß die meisten Theorierichtungen die räumliche Struktur der Produktion als Erklärungsfaktor berücksichtigten. Diese korrespondierten häufig mit den jeweiligen Vorstellungen zur globalen Ausdehnung bzw. nationalen Begrenzung von Wirtschaftsräumen.
Banks and banking--Germany--Berlin--History--20th century
Abstract
Internationale Bieter streiten in einem hitzigen Gefecht um die Berliner Bank, die Bankgesellschaft Berlin wird 2007 verkauft. Berliner Bankengeschichte von den letzten Kriegstagen bis in die Fünfzigerjahre ist ereignisreich, spannend und hochaktuell. Die sowjetische Alleinherrschaft nach der Eroberung sowie der Vier-Mächte-Status führten dazu, dass sich die Teilung Berlins in der Berliner Bankengeschichte konzentriert widerspiegelt. Transformation bzw. Rekonstruktion des Schlüsselsektors Banken in Ost- und Westberlin waren eng verzahnt mit der Spaltung der Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme. Sebastian Pollems untersucht einen wirtschaftlichen Schlüsselsektor an einer geopolitisch sensitiven Nahtstelle. Quellen aus Archiven jenseits des Eisernen Vorhangs erlauben es, die Hintergründe alliierter Deutschlandpolitik neu zu interpretieren. Aus historischen Quellen und heutiger Sicht ensteht ein Bild damaliger Handlungs- und Entscheidungsalternativen, das die Zwangsläufigkeit der Spaltung neu hinterfragt.
Statistics--Austria--History, Statistics--Germany--History, and Statisticians--Austria--Biography
Abstract
Die vorliegende Biographie Wilhelm Winklers, des einflussreichsten österreichischen Statistikers im 20. Jahrhundert, ist wissenschafts- und sozialgeschichtlich angelegt. Der Autor konzentriert sich auf die Darstellung und ideologiekritische Analyse demographischer Diskurse anhand von Winklers Werk. Er untersucht in diesem Kontext auch die Entwicklung der akademischen und der amtlichen Statistik in Österreich. Winklers wissenschaftliche Tätigkeit, die einen Zeitraum von mehr als sechzig Jahren umfasste, spiegelt die wechselvolle Geschichte der Statistik und der Demographie in den deutschsprachigen Ländern wider. Als Vorläufer der Minderheitenstatistik, Ökonometrie und Demometrie im deutschsprachigen Raum vereinigte Winkler als Forscher, Universitätslehrer und Wissenschaftsorganisator in ungewöhnlicher Weise theoretische und angewandte Zugänge zur Statistik. Das bewegte Leben des'katholisch-nationalen', im Prag des ausgehenden 19. Jahrhunderts sozialisierten Gelehrten Winkler bildet den Hintergrund für diese detaillierte wissenschaftsgeschichtliche Studie.
Book industries and trade--Germany--Leipzig--History--19th century, Book industries and trade--Government policy--Germany--Leipzig--History--19th century, and Publishers and publishing--Germany--Leipzig--History--19th century
Abstract
Die Ursprünge des Kommissionsbuchhandels liegen im 15. Jahrhundert. Spätestens seit dem 18. Jahrhundert entwickelte sich Leipzig zum Führungs- und Entwicklungszentrum. In den dreißiger und vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts setzte eine Modernisierung ein, die diesen Branchenzweig explosionsartig professionalisierte und umbaute. Dieser dramatische Prozeß ist Gegenstand der materialreichen wie quellenorientierten, theoretisch-methodologischen Monographie zur Industrialisierungsforschung. Im Mittelpunkt stehen die branchenspezifischen Innovations- und Modernisierungsprozesse, die von einer elitären Unternehmergruppe initiiert und gegen innere und äußere Widerstände durchgesetzt wurden. Sie prägten bis in unsere Zeit den Kommissionsbuchhandel im deutschsprachigen Raum. An ausgewählten Beispielen wird der Technologietransfer vom Leipziger Zentrum zu anderen Kommissionsplätzen betrachtet. Seit den letzten Fachveröffentlichungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat es noch keine Untersuchung dieser Spezifik und dieses Umfangs gegeben. Der Autor hat nach einem Studium der Geschichte, Kulturwissenschaften und Journalistik in Leipzig und Newcastle-upon-Tyne (GB) sowie anschließender Promotion zahlreiche Veröffentlichungen zur Buchhandels- und zur Leipziger Verlagsgeschichte vorgelegt. Er ist zur Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich 417'Regionenbezogene Identifikationsprozesse'an der Universität Leipzig tätig. Interessentenkreis: Buchhändler, Historiker, Kultur-, Medien-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, Landeskundler, Stadt- und Firmenhistoriker.
Thirty Years' War, 1618-1648--Economic aspects and Thirty Years' War, 1618-1648--Finance
Abstract
Die Untersuchung verfolgt vorrangig das Ziel, den internationalen Rüstungshandel in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges zu analysieren. Anhand von ungedruckten Quellen des Staatsarchives Genua werden insbesondere die beiden bedeutendsten Handelszentren für Militärgüter, Amsterdam und Hamburg, einer genauen Untersuchung unterzogen. Neben der Identifizierung der wichtigsten europäischen Rüstungshändler und ihres internationalen Geschäftsnetzes steht die Analyse der Marktsituation für militärische Explosivstoffe im Zentrum der Nachforschungen. Auf der Basis der Sundzollregister wird außerdem die große strategische und wirtschaftliche Bedeutung der polnischen Salpeterlieferungen, die über Danzig nach Nordwesteuropa gelangten, nachgewiesen sowie die Konjunkturkurve dieser Rohstofflieferungen in Korrelation zu den politischen und militärischen Ereignissen gesetzt. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse kann die Epoche des Dreißigjährigen Krieges als erste große europäische Rüstungshochkonjunktur charakterisiert werden. Ein weiteres Hauptziel der Studie besteht darin vorzuführen, in welch großem Ausmaß politisch-militärische Faktoren die konjunkturelle und strukturelle Entwicklung des Internationalen Austauschgefüges beeinflußten. Die komparative Untersuchung des Amsterdamer und Hamburger Mittelmeerhandels nach 1621, die den strukturellen Rahmen für die Genueser Militärgüterbestellungen in Nordwesteuropa lieferten, stellt den zweiten wichtigen Schwerpunkt der Arbeit dar. Hierbei wird insbesondere der Frage nachgegangen, weshalb Hamburg nicht umfassend von den Schwierigkeiten der Holländer im Mittelmeerraum profitierte. Durch die methodologische Verbindung von militärgeschichtlichen, wirtschaftshistorischen und sozialgeschichtlichen Fragestellungen trägt die Arbeit somit dazu bei, zwei große Forschungsdefizite aufzuarbeiten.
Eine vergleichende Forschung zur Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik und der DDR ist erst seit der Öffnung der Archive auf dem Gebiet der ehemaligen DDR möglich. Mit diesem Band werden erstmals vergleichende Fallstudien zu mehreren Wirtschaftsbereichen und Industriezweigen veröffentlicht und zu einer Zwischenbilanz zusammengefaßt. Das zentrale Thema des Vergleichs ist das Gefälle zwischen der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft in der Bundesrepublik und in der DDR. Die Beiträge zeigen, wie sich dieses Gefälle entwickelte, indem sie zwei maßgebende Einflußfaktoren, das Innovationsverhalten und die Entscheidungsstrukturen, vergleichend untersuchen. Durch den technologischen Wandel wurden beide Seiten vor ähnliche Herausforderungen gestellt. Wie wurde im Westen und im Osten auf diese Herausforderungen reagiert? Welche Faktoren werden dabei maßgebend? War der Rückstand der DDR das Ergebnis eines schlechten Starts oder eines schlechten Laufs? Die Autoren beantworten diese Fragen, gestützt auf die Bestände von 28 Archiven in den alten und in den neuen Bundesländern. Untersucht werden Innovationsprozesse in der Stahlindustrie, in der Chemischen Industrie, in der elektrotechnischen Industrie, in der feinmechanisch-optischen Industrie, im Druck- und Werkzeugmaschinenbau. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Verkehrssysteme mit Untersuchungen zum Flugverkehr und zum öffentlichen Personennahverkehr. Die Fallstudien zeigen die Paradigmata des Innovationsverhaltens und der Entscheidungsabläufe in beiden Systemen.